Text von Rechtsanwältin Sonja Laaser
Viele Künstler:innen arbeiten neben ihrer künstlerischen Tätigkeit selbstständig in einem nicht-künstlerischen Bereich oder als Angestellte. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungspflicht nach dem KSVG haben. Wer zu viel verdient, kann seine Mitgliedschaft in den Zweigen der Kranken- und Pflegeversicherung der KSK verlieren.
Achtung: Trotz Nebeneinkünften bleibt die Versicherungspflicht nach dem KSVG in der Rentenversicherung weiterhin bestehen, wenn Künstler:innen monatlich brutto weniger als 3.500 Euro (Westdeutschland) / 3.350 Euro (Ostdeutschland) in einer Anstellung verdient bzw. weniger als 42.600 Euro (Westdeutschland) / 40.200 Euro (Ostdeutschland) im Jahr an Gewinn durch eine selbstständige nicht-künstlerische Tätigkeit erzielt. Das gilt auch, wenn Künstler:innen über die Anstellung oder als Selbstständige freiwillig kranken- und pflegeversichert sind.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Auswirkungen einer Anstellung oder einer selbständigen nicht-künstlerischen Nebentätigkeit auf die Kranken- und Pflegeversicherung.
1. Bisherige Regelung
Nach der bisherigen Fassung des § 5 Absatz 1 Nummer 5 KSVG wird der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG beendet, wenn Versicherte eine zusätzliche nicht-künstlerische selbständige Tätigkeit aufnehmen und mit dem Einkommen eine bestimmte Zuverdienstgrenze überschreiten. Bei einer zusätzlichen abhängigen Beschäftigung sind Versicherte hingegen so lange über die KSK in der Kranken- und Pflegeversicherung abgesichert, als die künstlerische oder publizistische Tätigkeit als „Hauptberuf“ zu werten ist.
Bisher wurde die Nebentätigkeit von nebenberuflich Angestellten und nebenberuflich nicht-künstlerisch Selbstständigen unterschiedlich bewertet.
a. Anstellung
Wer neben einer selbstständigen künstlerischen Arbeit als Arbeitnehmer:in angestellt ist, ist nicht mehr nach dem KSVG in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert, sobald die Anstellung die Haupttätigkeit darstellt. Es wird also eine wirtschaftliche Betrachtung vorgenommen. Die KSK vergleicht, wie viel die Künstler:in durch die andere Tätigkeit in Anstellung verdient und wie viel Zeit die Künstler:in für diese Tätigkeit im Vergleich zur selbstständigen künstlerischen Tätigkeit aufbringt. Es kommt also sowohl darauf an, wo der Verdienst höher ist, als auch darauf, wofür die Künstler:in mehr Zeit aufwendet.
b. Selbstständige / Gewerbliche (nicht-künstlerische Tätigkeit)
Wer neben der selbständigen künstlerischen Arbeit auf ebenfalls selbstständiger Basis nicht-künstlerisch bzw. gewerblich tätig ist, durfte vor Beginn der Covid-19-Pandemie mit dieser Tätigkeit nicht mehr als EUR 450 im Monat bzw. im Jahr nicht mehr als EUR 5.400 Gewinn erzielen. Die Grenze orientierte sich an der Geringfügigkeitsgrenze der Mini-Jobber:innen. Ab Oktober 2022 wird die Geringfügigkeitsgrenze auf EUR 520 pro Monat erhöht. Demnach liegt auch die Zuverdienstgrenze ab Oktober 2022 bei EUR 520 im Monat bzw. EUR 6.240 im Jahr.
c. Ausnahmeregel Corona-Pandemie
Seit dem 23.07.2021 galt allerdings eine bis Ende 2022 befristete höhere Zuverdienstgrenze aufgrund der Corona-Pandemie. Eine Kranken- und Pflegeversicherung über die KSK ist nicht möglich, wenn die Zuverdienstgrenze von aktuell EUR 1.300 im Monat durch das Einkommen aus einer anderen (nicht-künstlerischen) selbstständigen Tätigkeit überschritten wird. Hierzu haben wir bereits einen Beitrag verfasst, den ihr hier nachlesen könnt.
Im Themendossier „Das schlechteste aus zwei Welten?“, welches wir für das Projekt Systemcheck erstellt haben, finden sich zahlreiche Informationen und Beispiele zu den Auswirkungen von Nebentätigkeiten auf den KSK-Versicherungsstatus.
2. Neuregelung
Die Bundesregierung hatte bereits im September 2022 eine Neuregelung des zulässigen Zuverdiensts vorgeschlagen, die der Bundestag im Dezember 2022 beschlossen hat. Die Zuverdienstmöglichkeiten für Versicherte im Rahmen von selbstständigen nicht-künstlerischen Tätigkeiten werden durch das 8. SGB IV-Änderungsgesetz angepasst.
Die Zuverdienstmöglichkeiten für Künstler:innen bei nicht-künstlerischen selbstständigen Tätigkeiten knüpfen in Zukunft nicht wie bisher an eine starre Zuverdienstgrenze an, sondern an das Kriterium der Haupttätigkeit. Damit soll ein Gleichlauf mit einer nebenberuflichen Anstellung erzielt werden. Hierfür sollen die Zuverdienstmöglichkeiten für eine nicht-künstlerische selbständigen Tätigkeit nach Auslaufen der bisherigen Ausnahmeregelung wegen der Corona-Pandemie Ende 2022 dauerhaft erweitert werden. Statt wie bisher die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung an starre Zuverdienstgrenzen zu koppeln, soll in Annäherung an die Regel zur Anstellung (vgl. oben 1a) zukünftig entscheidend sein, welche der Tätigkeiten von der wirtschaftlichen Bedeutung her überwiegt. Wenn das voraussichtliche Arbeitseinkommen aus der nicht-künstlerischen selbständigen Tätigkeit gegenüber dem voraussichtlichen Arbeitseinkommen aus der selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit überwiegt, besteht keine Versicherungspflicht mehr in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG.
Sonja Laaser studierte Rechtswissenschaften an der HU Berlin und Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Bis 2011 war sie Geschäftsführerin des Ballhaus Ost und hat das Kunstmagazin „ArtiBerlin“ gegründet. Während des Jurastudiums absolvierte sie ihr Referendariat bei der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Diese vielfältigen Stationen helfen ihr, ihre Mandant:innen umfassend zu verstehen und zu beraten: Ihre 2015 gegründete Kanzlei berät schwerpunktmäßig Kulturschaffende in den Bereichen Urheber-, Vergabe-, Zuwendungs-, Steuer- und Gesellschaftsrecht und Künstlersozialversicherung. Gemeinsam mit Julia Wissert hat sie die Anti-Rassismus-Klausel initiiert und entwickelt. Sie ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht und wurde im Dezember 2020 in den Beirat der Künstlersozialkasse berufen. Sonja Laaser berät seit einigen Jahren laPROF und seine Mitglieder und bietet Seminare für laPROF an.
Bild: Rechtsanwältin Sonja Laaser, Foto: Angelika Sieburg
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