Am 19.4. stellte Boris Rhein, Hessischer Minister für Wissenschaft und Kunst, der Presse den sogenannten „Kulturatlas Hessen“ vor. Gemeinsam mit den Abgeordneten Karin Wolff (CDU) und Martina Feldmayer (Grüne) präsentierte er den 200 Seiten dicken Bericht, der einen Überblick über die staatliche Kulturförderung des Landes und die Schwerpunkte der hessischen Kulturpolitik bieten soll (siehe Foto). Der inhaltliche Fokus des „Kulturatlas Hessen“ liegt auf demografischen Wandel, dem ländlichen Raum und dem Ehrenamt. Da die Arbeiten daran Ende 2015 begonnen haben, beziehen sich die erhobenen Daten auf diesen Zeitraum.
Der „Kulturatlas Hessen“ ist der erste Schritt zum Masterplan Kultur, der die Kulturförderung des Landes weiterentwickeln, sowie Vernetzungen und Synergien schaffen soll. Als nächsten Schritt wird die Landesregierung ab Mai eine Onlinebefragung starten, an der Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Beschäftigte von Kulturverwaltungen und alle weiteren Kulturinteressierten teilnehmen können. Gefragt wird nach deren Einschätzung zur hessischen Kulturlandschaft, zur Förderpolitik, zum Ehrenamt, zur Kulturellen Bildung und zur künftigen Entwicklung. Zudem sollen runde Tische organisiert werden, um die Kulturszene in die Perspektivbildung miteinzubeziehen. Diesen partizipatorischen Prozess haben vor allem die Grünen, allen voran Martina Feldmayer, gefordert und durchgesetzt (siehe Anhang unten).
Eine Einbeziehung der Fachleute scheint auch nötiger denn je. Denn zumindest im Theaterbereich weist der Bericht deutliche Mängel und Fehler auf, die durch einen Kontakt mit den Kulturverbänden im Theaterbereich hätten vermieden werden können. So werden beispielsweise in der Statistik freie Theater und Privattheater einfach synonym gesetzt, was sachlich problematisch ist. Zudem wird dort behauptet, es gäbe zwischen 15-18 freie Theater in Hessen von bundesweit 225. Quelle ist eine Statistik des Deutschen Bühnenvereins über die Jahre 2012-2014. Doch kaum freie Theater sind tatsächlich Mitglied im Deutschen Bühnenverein, sondern überwiegend im Bundesverband freie Darstellende Künste, weshalb die Zahlen nicht repräsentativ sind. Denn in Hessen arbeiten tatsächlich mehr als hundert freie Theater von bundesweit mehr als tausend, was auch schon vor 2015 der Fall war. Erstaunlich ist zudem, dass einzelne Theater aus Frankfurt im Bericht herausgestellt werden, aber wichtige Theater in Marburg, Darmstadt oder Kassel, sowie im ländlichen Raum unerwähnt bleiben. Ähnlich geht es Theaterverbänden wie laPROF oder ASSITEJ, obwohl beide vom Land gefördert werden. Die versprochene transparente Darstellung der Förderung bleibt im Theaterbereich des Kulturatlas zumindest aus. Denn es wird nicht klar aufgezeigt, wieviel Geld tatsächlich für die freie Theaterszene im Land zur Verfügung steht.
laPROF hält den geplanten Beteiligungsprozess für absolut notwendig, damit ein sinnvolles Instrument wie ein Masterplan Kultur überhaupt valide Ergebnisse liefern kann. Der Kulturatlas kann im Theaterbereich nur bedingt als Basis dafür dienen. laPROF fordert, dass vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst endlich transparente Zahlen darüber öffentlich publiziert werden, welche Projekte im Bereich der freien Darstellenden Künste genau mit welchen Summen unterstützt werden. Was der Kulturatlas allerdings deutlich zeigt ist, dass die freien Darstellenden Künste Hessens weiterhin stark unterfinanziert sind. Hessen muss nach der Landtagswahl im Oktober daher eine deutliche Erhöhung der Fördermittel bewerkstelligen.
Kulturatlas Hessen zum Download hier
Pressemitteilung HMWK hier
Pressemitteilung Martina Feldmayer hier
Foto mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst: www.kunst.hessen.de