Kulturpolitik

laPROF-Umfrage zu Corona-Einnahmeausfällen: Finanzhilfen sind notwendig!

Die Veranstaltungsabsagen aufgrund der Corona-Pandemie führen bei den freien
darstellenden Kunstschaffenden in Hessen zu immensen Einnahmeverlusten. Das hat
laPROF in einer Befragung der Künstler*innen und kleinerer Theater ermittelt: Wenn der
Kulturbetrieb bis zum Sommer stillsteht, verlieren die in der Umfrage erfassten Kolleg*innen bis zu 3,8 Millionen Euro. Schon bei einer Schließung bis Ostern liegt der Gesamtverlust bei nahezu einer Million. Falls diese Ausfälle nicht bald erstattet werden, droht vielen Künstler*innen die Pleite und vielen Ensembles und Theatern das Aus.

Die Zahlen ergeben sich durch den Verlust von Zuschauereinnahmen, abgesagten
Gastspielen und künstlerischen Projekten, sowie verlorenen Einnahmen durch abgesagte
kulturelle Bildungsangebote wie Workshops oder Schulveranstaltungen. Beteiligt haben sich 247 Theater, Ensembles und Einzelkünstler*innen aus allen Regionen des Landes, was nahezu repräsentativ ist. laPROF schickte die Umfrage nicht nur an seine Mitglieder, weil der Verband sich für an alle im Bereich der freien Darstellenden Künste tätigen
Kulturschaffenden verantwortlich fühlt.

Gleichzeitig ist der Wegfall von möglichen Engagements oder anderen „Kultur-Jobs“ in der nahen Zukunft nicht bezifferbar, weil die Künstler*innen aufgrund der aktuellen Situation weniger Anfragen für die nächsten Monate erwarten. Explizit betroffen sind hier natürlich alle Akteure im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters, deren Einkünfte zentral auf Gastspieleinnahmen basieren. Der Verlust wird sicherlich bis ins kommende Jahr spürbar sein.

laPROF dankt der Landesregierung und der Landesministerin Angela Dorn für die
Einrichtung eines Notfalltopfes gemeinsam mit der Bundesregierung, mit dem freiberuflichen Künstler*innen schnell geholfen werden kann. laPROF schließt jedoch aus den Ergebnissen, dass die Hessische Landesregierung gemeinsam mit den jeweiligen Kommunen, dringend Fördermittel in Höhe von mindestens 4 Millionen Euro für die Erstattung konkreter Ausfälle der freien darstellenden Kulturschaffenden bereitstellen muss.

Zudem fordert laPROF die Landesregierung auf, dem Beispiel Frankfurts und Darmstadts zu folgen und zu garantieren, dass Fördermittel des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst nicht zurückverlangt werden, falls es zu Verschiebungen oder Ausfällen von Veranstaltungen kommt. Nun sollten auch schnellstmöglich die Bewilligungsbescheide der letzten Förderrunde an die Antragsteller*innen verschickt werden, damit geplante Projekte eine Aussicht auf Realisierung haben und die Arbeit der Künstler*innen gesichert ist.

laPROF bittet die Landesregierung außerdem darum, Sorge zu tragen, dass auch
Einrichtungen des Landes, den freischaffenden darstellenden Künstler*innen bei
ausgefallenen Veranstaltungen, die vollständige vereinbarte Honorarsumme bezahlen. Das betrifft beispielsweise Honorarverträge mit Schulen, aber auch Staats- und Landestheatern.

Nur die Kombination von garantierten Produktionsmitteln, Soforthilfe und Ausfallerstattung kann dafür sorgen, dass die freien darstellenden Künste, die Corona-Krise ohne existenziellen Schaden überstehen. Denn sie sind ein unverzichtbarer Teil der
Theaterlandschaft, auch um ein vielseitiges Kulturangebot in den Städten und Regionen
unseres Landes aufrechtzuerhalten.

Die beschlossenen Soforthilfemittel sind eine wichtige Maßnahme, um kurzfristig in Not
geratenen Künstler*innen schnell und direkt zu helfen. Es ist ein ermutigendes und starkes Zeichen, dass sich die Landesregierung so schnell auf die Einrichtung eines Notfallfonds einigen konnte. Das zeigt, dass ihr die Situation freischaffender Künstler*innen in unserem Land wichtig ist. Am zusätzlichen Ausgleich erstandener Ausfälle führt jedoch kein Weg vorbei. Im Vergleich zum Notfallfonds von insgesamt 8,5 Milliarden kann sie mit nur 4 Millionen (0,05 % des Betrages) existenzielle Hilfe für einen besonderen Kulturzweig leisten!

Einnahmeausfälle freie Darstellende Künste Hessen
aufgrund Corona-Pandemie (in Euro)

A. Bei Schließung bis Ostern (12.4.)

Zuschauereinnahmen eigene Spielstätte328.574,10
Honorare Gastspiele an anderen Orten 277.140,28
Verluste durch abgesagte künstlerische Jobs198.301,00
Verluste durch Wegfall anderer Einnahmen (z.B. Workshops oder Kulturelle Bildung)183.637,40
Summe987.672,78

B. Bei Schließung bis Ende April

Zuschauereinnahmen eigene Spielstätte   487.132,55
Honorare Gastspiele an anderen Orten 487.132,55
Verluste durch abgesagte künstlerische Jobs 302.315,00
Verluste durch Wegfall anderer Einnahmen (z.B. Workshops oder Kulturelle Bildung) 281.667,40
Summe1.493.612,13

C. Bei Schließung bis Ende Mai

Zuschauereinnahmen eigene Spielstätte1.063.018,15
Honorare Gastspiele an anderen Orten658.771,51
Verluste durch abgesagte künstlerische Jobs514.673,00
Verluste durch Wegfall anderer Einnahmen (z.B. Workshops oder Kulturelle Bildung) 560.358,90
Summe2.796.821,56

C. Bei Schließung bis zur Sommerpause

Zuschauereinnahmen eigene Spielstätte1.295.692,96
Honorare Gastspiele an anderen Orten949.424,16
Verluste durch abgesagte künstlerische852.783,00
Verluste durch Wegfall anderer Einnahmen (z.B. Workshops oder Kulturelle Bildung) 672.331,40
Summe3.770.231,52

Teilnehmende nach Kommunen (247)
133 Frankfurt
43 Nichturbane Orte
20 Darmstadt
19 Wiesbaden
10 Offenbach
7 Marburg
7 Kassel
4 Fulda
4 Gießen

Teilnehmende nach Organisationsformen (247)
174 Einzelkünstler*innen
45 Kollektive/ Ensemble ohne Spielstätte
28 Theater mit Spielstätte

Foto: Jan Deck

Autor

Jan Deck ist Politikwissenschaftler, lebt in Frankfurt/Main und arbeitet als freier Dramaturg, Regisseur und Kurator. Seit über zehn Jahren arbeitet er für den hessischen Landesverband laPROF, seine Schwerpunkte sind Lobbyarbeit, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Veranstaltungen. Er ist Mitglied verschiedener Juries und Beiräte, kuratiert Tagungen, Festivals und Labore. Als Herausgeber und Autor beschäftigt er sich mit verschiedenen Aspekten von Kunst und Gesellschaft.

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