Aktuelles Kulturpolitik

Solide Unterstützung statt Sonntagsreden – Zum Förderabbruch für den Fonds Darstellende Künste

Viele hatten sich viel erhofft von der neuen Ampel-Regierung im Bund. Als im Koalitionsvertrag stand, dass das Pandemie-Förderprogramm NEUSTART KULTUR weitergeführt werden sollte, gab es Hoffnung in unserer Szene. Auch die Entscheidung, Politpromi und Ex-Kollegin Claudia Roth zur Kulturstaatsministerin zu machen, ließ die Erwartungen weiter steigen. Doch ein Jahr danach herrscht herbe Enttäuschung bei den Freien Darstellenden Künsten in Deutschland. Denn ungeachtet aller Sonntagsreden über ihre Wichtigkeit sind die Fakten für unsere Szene ernüchternd. 

Im November 2022, während der finalen Entscheidung über den Kulturhaushalt, hätte es Gelegenheit gegeben, etwas für unsere Szene zu tun. Denn es wurde unter anderem über die Gelder entschieden, die dem Fonds Darstellende Künste für die Förderung der Freien Darstellenden Künste in Deutschland 2023 zur Verfügung stehen. Und obwohl von Seiten des Fonds, von Seiten aller Verbände und von Seiten der Szene klar gemacht wurde, dass die Mittel, die vor der Pandemie zur Verfügung standen, nicht ausreichen würden, wird der Fonds ab 2023 wieder auf Haushaltsmittel von 2 Millionen zurückgestuft. 

Diese Entscheidung könnte eine Weichenstellung für die Zukunft sein, denn sie könnte die Existenz unserer Szene grundlegend gefährden. Man kann nämlich nicht so tun, als könnte man 2023 so weitermachen, als hätte es die letzten drei Jahre davor nicht gegeben. Die NEUSTART KULTUR- Förderung des Fonds Darstellende Künste hatte zwar eigentlich den Zweck, Kulturschaffende während der Pandemie ökonomisch überleben zu lassen, doch es ist mehr entstanden: Es wurden Lücken geschlossen. Zum Beispiel wurden Bereiche gefördert, die zuvor entweder ungefördert waren und damit halbprofessionell gemacht wurden oder sonst kaum möglich waren: inhaltliche und künstlerische Recherche, Wiederaufnahmen, überregionale Vernetzung und vieles mehr. Die Bundesförderung, bislang eher „Sahnehäubchen“ für die Immergleichen, die über große Produktionshäuser vernetzt waren, ging plötzlich in nichturbane Orte, stützte prekäre Strukturen, half bei dem Einstieg und der Weiterentwicklung. Dass der Fonds Darstellende Künste das jetzt alles nicht mehr tun kann, bedeutet nicht nur, dass einfach weniger Geld da ist. Es bedeutet, dass Vieles, was in den letzten Jahren entstanden ist und mühsam aufgebaut wurde, nun wieder abbricht. Und viele, die Corona künstlerisch und ökonomisch überstanden haben, drohen nun aufgeben zu müssen. Nachhaltig ist das nicht.

Dagegen beginnen jetzt Kommunen und Länder über Kulturkürzungen nachzudenken. Doch genau das Gegenteil müsste jetzt passieren. In den letzten Jahren wurde so oft betont, wie zentral die freien Künste gerade in der Pandemie waren. Es wurde betont, wie sehr klar geworden ist, dass freie Kulturschaffende mehr Absicherung, bessere Honorare und mehr Sichtbarkeit brauchen. Wieder Sonntagsreden! Wer diese Szenen wirklich zukunftsfähig machen möchte, muss jetzt für perspektivische Fördererhöhungen eintreten. Länder und Kommunen müssen erkennen, dass es finanzielle Quantensprünge braucht, um auch in Zukunft die künstlerische Vielfalt in unserem Land zu erhalten und nachhaltig weiterzuentwickeln. Eine nennenswerte Förderung des Bundes kann dazu ein wichtiges Signal sein.

Der Bund muss also seine neue Rolle in der Kulturförderung akzeptieren und nicht so tun, als wäre man wieder in 2019. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP muss die Wirkung der Corona-Förderprogramme ernst nehmen. Im Bundeshaushalt 2024 muss nun eine wesentlich höhere Fördersumme für den Fonds möglich sein. Natürlich erwartet jetzt niemand, dass Gelder in selber Höhe wie während der Pandemie fließen, wo bis zu 70 Millionen Euro jährlich verteilt wurden. Der Fonds selbst hat eine Summe von 16,5 Millionen Euro ins Spiel gebracht, mit der man Vieles weiterführen könnte, was in den letzten Jahren begonnen wurde. Für einen Bundeshaushalt ist dieser Betrag eigentlich Peanuts, deutlich weniger als die Mittel, mit der die eine oder andere einzelne Bundeseinrichtung im Bereich Kultur unterstützt wird. Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob ihr die Freien Darstellenden Künste wirklich etwas wert sind und endlich eine solide, dauerhafte Finanzierung ermöglichen. Sonntagsreden helfen stattdessen leider nur bedingt.

Bild von Gerhard auf Pixabay 

Autor

Jan Deck ist Politikwissenschaftler, lebt in Frankfurt/Main und arbeitet als freier Dramaturg, Regisseur und Kurator. Seit über zehn Jahren arbeitet er für den hessischen Landesverband laPROF, seine Schwerpunkte sind Lobbyarbeit, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Veranstaltungen. Er ist Mitglied verschiedener Juries und Beiräte, kuratiert Tagungen, Festivals und Labore. Als Herausgeber und Autor beschäftigt er sich mit verschiedenen Aspekten von Kunst und Gesellschaft.