Hessen hat ein eigenes Corona-Hilfspaket für Kulturschaffende! Aber es ist mehr als das, es soll die Wiederkehr der Kultur in den Alltag ermöglichen und unterstützen. Die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, stellte es heute Vormittag der Öffentlichkeit vor und beantwortete am Abend in einer Telefonkonferenz mit Kulturverbänden Fragen und nahm kritische Punkte auf. Insgesamt umfasst das Paket ein finanzielles Volumen von 50 Millionen Euro. Es teilt sich in verschiedene Phasen.
Die erste Phase mit dem Schwerpunkt „sofort helfen“ umfasst überwiegend bereits bekannte Hilfsprogramme. Zusätzlich zu den bereits bekannten Soforthilfen adressiert Hessen die drängenden Probleme der Kulturfestivals, die als Großveranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt oder in den digitalen Raum verlagert werden müssen. Sofern sie dadurch in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, erhalten sie finanzielle Unterstützung, auch zusätzlich zu einer gegebenenfalls bereits vorhandenen Landesförderung. Die maximale Höhe richtet sich nach der Zahl der verkauften Eintrittskarten im Schnitt der vergangenen drei Jahre: 2,50 Euro pro Ticket bei öffentlich getragenen Festivals, 5 Euro pro Ticket bei von gemeinnützigen Vereinen oder privaten Institutionen getragenen. Der Betrag ist auf 500.000 Euro gedeckelt. Anträge können ab dem 1. Juni und bis zum 30. November beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gestellt werden. Diese Hilfe speziell für Festivals ergänzt die vorhandenen Möglichkeiten, Unterstützung aus dem Hilfsprogramm für kleine Unternehmen zu erhalten, das den Veranstaltern ebenfalls offen steht.
Die zweite Phase steht unter dem Motto „Übergang meistern“. Hessen unterstützt freie Künstlerinnen und Künstler mit Arbeitsstipendien von je 2.000 Euro. Das soll ihnen ermöglichen, neue Projekte für den allmählichen Übergang aus der Pandemie-Zeit zu erarbeiten. Es steht allen in Hessen lebenden und in der Künstlersozialkasse versicherten Kulturschaffenden offen; vergeben werden die Stipendien durch die Hessische Kulturstiftung. Die Künstlerinnen und Künstler erhalten die Möglichkeit, besondere Ergebnisse in einem digitalen Schaufenster zu präsentieren – eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Werke trotz Pandemie einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Das Stipendium kann mittels eines einfachen Antrags mit einer kurzen Projektskizze beantragt werden; es wird nicht als Einkommen auf etwaige Grundsicherungsleistungen angerechnet. Anträge können vom 1. Juni an bei der Kulturstiftung gestellt werden.
Die dritte Phase trägt den Titel „innovativ neu eröffnen“. Die Neueröffnung stellt Kultureinrichtungen und Spielstätten sowie Künstlerinnen und Künstler vor große Herausforderungen. Ungewohnte Veranstaltungsformen, kreative bauliche Veränderungen oder neue Formen der Publikumsansprache werden hier finanziell gefördert:
Fonds „innovativ neu eröffnen“ für Kultureinrichtungen und Spielstätten: Der Fonds soll Kultureinrichtungen mit regelmäßigem Veranstaltungsbetrieb den Übergang in die vollständige Neueröffnung erleichtern. Kinos, Konzertsäle und Musik-Locations, Soziokulturelle Zentren, Freie Bühnen, Literaturhäuser und andere kulturelle Spielstätten können etwa für die Entwicklung neuer Formate, bauliche Anpassungen oder auch die Öffentlichkeitsarbeit Unterstützung mit einem Pauschalbetrag von je 18.000 Euro erhalten. 500 Fonds-Pakete werden vergeben. Eine Kombination mit anderen Hilfen soll möglich sein, etwa den angekündigten Programmen des Bundes. Hessen wird sich auf Bundesebene für eine entsprechend flexible Ausgestaltung der dortigen Maßnahmen einsetzen. Voraussichtlich ab 1. August werden Anträge beim HMWK möglich sein.
Projektstipendien für freie Gruppen und Einzelkünstlerinnen und -künstler: In der Zeit der Pandemie sind viele neuartige Ansätze für Kulturveranstaltungen und künstlerische Formate für Vermittlung und Pädagogik und die technische Präsentation entstanden. Das Stipendium ermöglicht die Realisierung, Dokumentation und Publikation dieser Ansätze. Es stehen Mittel für 250 Gruppen in Höhe von je 18.000 Euro sowie für 1.000 Künstlerinnen und Künstler in Höhe von je 5.000 Euro bereit. Er wird über die Hessische Kulturstiftung abgewickelt. Eine Fachjury beurteilt die Einreichungen. Zusätzlich setzen wir auf die Expertise hessischer Kulturinstitutionen und die Verstärkungsmöglichkeit der Stipendien durch private Mittel. Wenn diese über eigene Mäzene und Sponsoren zusätzliches Geld einwerben, können sie Künstlerinnen und Künstler, denen sie besonders verbunden sind, direkt für Stipendien empfehlen; in diesen Fällen kofinanziert das Land die Hälfte des Stipendiums bis zur Höhe der ansonsten zur Verfügung stehenden Beträge.
laPROF freut sich darüber, dass die Landesregierung nach dem Scheitern der bundesweiten Verhandlungen über eine Verbesserung der Situation von Kulturschaffenden bei der Soforthilfe eigene Wege geht. Es ist gut, dass dabei auch an die Wiederöffnung der Theater gedacht wird. laPROF hätte es zwar begrüßt wenn bei den Stipendien nicht die Künstlersozialkasse Basis wäre, da in den freien Darstellenden Künsten nicht alle dort versichert werden können. Natürlich wird dieses Programm auch nicht allen helfen können. Aber es ist eine enorme Leistung, in dieser Zeit ein Hilfspaket mit diesem finanziellen Volumen durchzusetzen und den Kulturschaffenden zur Verfügung zu stellen. Der Dank von laPROF geht an Ministerin Angela Dorn wie an die Landtagsabgeordnete Mirjam Schmidt, die sich seit dem Beginn der Coronakrise massiv für Hilfsmaßnahmen auf Landesebene eingesetzt hat!
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Foto: Diana Pfammatter 2017: Theaterperipherie “They call her mother” von Ewgenija Weiß und Hannah Schassner.